Stellungnahme zum Abschnitt „Verfasste Studierendenschaften“ noch zeitgemäß?
(Kapitel 04 69 des Jahresberichtes
2012 des Landesrechnungshofes)
Der Landesrechnungshof Thüringen hat
im Jahr 2010 im Rahmen einer Haushaltsprüfung der
Studierendenschaften auf eklatante Mängel in der Haushaltsführung
hingewiesen. Es werden verspätet eingereichte oder fehlende
Haushaltspläne, sowie ein allgemein undurchsichtiger und lückenhaft
dokumentierter Umgang mit Finanzmitteln kritisiert. Die zuständigen
Vertreter aus den Studierendenschaften seien oftmals unzureichend
geschult und mit der Haushaltsführung überfordert gewesen. Außerdem
sind die jährlich verpflichtenden Haushaltsprüfungen durch die
Hochschulverwaltungen versäumt worden. Der Landesrechnungshof
bezieht sich dabei auf den Zeitraum von 2007 bis 2009.
Die Maßnahmen des Ministeriums, die
Rechnungsaufsicht durch die Hochschulverwaltungen zu intensivieren
und die Zusammenarbeit mit den Studierendenvertretern zu verbessern,
sieht der Rechnungshof als nicht ausreichend an. Stattdessen fordert
er, nun im Jahr 2012 erneut, die Abschaffung der verfassten
Studierendenschaften, wodurch es jedem Studenten freigestellt wäre,
die Beitragszahlung an die Studierendenschaft einzustellen, bzw.
auszutreten. Begründet wird diese Empfehlung damit, dass andere
Einrichtungen einen Großteil der Aufgaben der
Studierendenvertretungen „zweckmäßiger“ erfüllen (z.B.
Studentenwerk, Beratungsstellen, Auslandsämter) und somit eine
Beitragspflicht und Verfasstheit „entbehrlich“ machen.
Die erfolgreiche Arbeit dieser
Einrichtungen zweifelt niemand an, aber die Schlussfolgerung, die
verfasste Studierendenschaft würde dadurch überflüssig, ist viel
zu kurz gedacht. Kein anderes Organ des Landes oder der Hochschulen
ist so gut mit allen Studierenden vernetzt, wie die Vertretung aus
der eigenen Mitte. Die momentane verfasste Studierendenschaft
zeichnet sich gerade dadurch aus, dass alle Studenten
vertreten werden. Erst dadurch hat die Studierendenvertretung
überhaupt eine ernstzunehmende Stimme, auch gegenüber der
Hochschulleitung. Die Verfassung gewährleistet eine demokratische
Struktur und eine Definition der Aufgaben der Studierendenvertreter,
die andernfalls der Willkür überlassen wären. Wie auch das
Ministerium schreibt, bringen die Studierendenvertretungen
unglaublich viele tolle, politisch, sozial und kulturell äußerst
wertvolle Projekte auf den Weg. Die Vorstellung, diese Arbeit könne
genauso gut von nicht verfassten Interessenvereinen getan werden ist
illusorisch, da ohne ein verfasstes Recht auf Beitragserhebung, die
Finanzen und damit der Handlungsspielraum der Studierendenschaften
zusammenbrächen.
Die Kritik an der Haushaltsführung und
die Empfehlung an die Hochschulverwaltungen, die Haushalte der
Studierendenschaften besser zu kontrollieren sehen wir nicht als
Streitpunkt an. Vielmehr möchten wir darauf hinweisen, dass die
Hochschulverwaltung mittlerweile sehr streng auf eine korrekte
Haushaltsführung achtet und regelmäßige Prüfungen vornimmt. Die
Arbeit der Studierendenvertreter hat sich in dieser Hinsicht
dementsprechend ebenso verbessert. Auch aus unserer Sicht ist eine
intensive Vorbereitung der Verantwortlichen Studierendenvertreter auf
die Aufgaben in der Haushaltsführung absolut notwendig. Was wir aber
als Streitpunkt ansehen ist, dass aufgrund eines zwei Jahre alten
Berichts, jetzt die grundsätzliche Notwendigkeit der verfassten
Studierendenschaften angezweifelt wird.
Diese Forderung im Jahr 2012 auf
Grundlage der Prüfung der Jahre 2007-2009 zu formulieren, ohne die
aktuellen Entwicklungen überhaupt zur Kenntnis zu nehmen, erscheint
uns im wahrsten Sinne des Wortes weit hergeholt.